Freitag, 29. Januar 2010

Kopenhagener Schnee

Gerade fällt mir auf, dass bisher fast alle Rezepte mit Kindheitserinnerungen verbunden sind, und bei diesem hier ist es genau so. Dabei zeigt sich, dass es Essen gibt, das man in so starker Erinnerung hat, als hätte es das ständig gegeben. In Wahrheit hatten wir vielleicht vier mal Kopenhagener Schnee, und weil ich noch klein war und immerhin ein bisschen Rotwein in diesen Nachtisch kommt, durfte ich immer nur ein kleines Schälchen davon essen. Vielleicht weiß ich ja deshalb noch so genau, dass alle Anlässe mit Kopenhagener Schnee gleichzeitig Anlässe für feine weiße Tischdecken, das alte Silberbesteck und die guten Nachtischschüsselchen waren, für die, die nicht in die Spülmaschine durften. Eine gewisse zusätzliche zeremonielle Festlichkeit bekommt dieser Nachtisch dadurch, dass die Flüssigkeit lange braucht, um zu gelieren, man kann sich also nicht spontan zu Kopenhagener Schnee entschließen, sondern muss schon 24 Stunden vorher wissen: morgen ist so ein Tag, ein Tag für Gelatine und Rotwein und Tischdecken.
Seitdem ich den Zettel mit dem Rezept ausgegraben habe, freue ich mich auf eine Party, zu der der Schnee passen würde. Übrigens glaube ich, dass er seinen Namen daher hat, dass er erstens rot-weiß ist wie die dänische Flagge und zweitens die schmuddelige Konsistenz von Großstadtschnee hat, der seine ersten Stunden hinter sich hat. Das klingt nicht gerade verlockend (und davon abgesehen sind Desserts, deren wichtigster Bestandteil Gelatine ist, vermutlich völlig out), aber es lohnt sich. Das hier ist ein erwachsener Nachtisch - bzw. einer, mit der man sich als Achtjährige ganz schön erwachsen fühlt.

Zutaten:
3/4 Liter Flüssigkeit, die Hälfte Wasser, die Hälfte Rotwein
Saft von 3 Zitronen, gefiltert
200 g Zucker
10 Blatt Gelatine, halb weiß, halb rot
1/4 Liter Sahne

Wasser/Rotwein mit Zucker verrühren und so lange erwärmen, bis der Zucker vollständig aufgelöst ist, allerdings auch nicht viel länger. Gelatine in kaltem Wasser einweichen, mit den Händen kräftig ausdrücken (mein Lieblingsmoment bei diesem Rezept) und ein bisschen von dem warmen Rotweinwasser zu der ausgedrückten Gelatine rühren. Wenn sich die Gelatine aufgelöst hat, alles zurück zur restlichen Rotweinflüssigkeit schütten und einmal gut umrühren. Dann muss die Flüssigkeit abkühlen, bis sie steif ist. Das dauert auch im Kühlschrank lange, lange, lange. 12 Stunden reichen manchmal nicht. Ist die Flüssigkeit richtig steif, also Wackelpudding-steif, die Sahne steif schlagen, den Rotwein-Klotz in kleine Stücke schneiden und mit der Sahne verrühren. Angesichts dessen, dass dieser Nachtisch für viele (vor allem die, die ihn noch nie probiert haben) ein bisschen unansehnlich ist, in einer möglichst bombastischen, feierlichen Schüssel anrichten und am besten zu klassischer Musik ins Zimmer tragen. Spielt jemand in der Familie Posaune?

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